TOBIAS RAUTERKUS / 34 JAHRE / VERHEIRATET MIT JESSY / PAPA VON LENI & LEO / INVENTAR DES LWL
Ein lebendes Fossil ist eine Art von Lebewesen, das seit gefühlter Ewigkeit existiert, ohne sich grundlegend geändert zu haben. Tobias Rauterkus (34) ist sowas wie ein lebendes Fossil des SC LWL. Er spielt und spielt und spielt. Woche für Woche. Seit Jahrzehnten. Dabei ist er nicht kaputt zu kriegen. Und das ist auch gut so. Denn Tobias (alias „Toberto“) gehört zweifellos zu den Leistungsträgern unserer Zweiten und erlebt gerade seinen gefühlt achten Frühling in Folge. Wie sich aber auch bei ihm das Alter bemerkbar macht, wie lange wir uns noch an seinem Spiel erfreuen dürfen und was seine Frau Jessy dazu sagt, erfahrt Ihr im exklusiven Interview.
Das erste Drittel der Saison ist gespielt. Nach acht Spielen liegt unsere Zweite mit 16 Punkten auf Platz 3 – bei einem Spiel weniger als Dahl (Platz 2, 19 Punkte) und Heggen (Platz 1, 21 Punkte). Hast Du eine Erklärung für den starken Saisonauftakt?
Die große und gute Trainingsbeteiligung ist für mich ein ganz entscheidender Punkt. Dadurch sind wir in den Spielen nicht nur in den 90 Minuten auf der Höhe, sondern haben auch noch in der Nachspielzeit genügend Luft, Extrawege zu gehen und uns reinzuhängen. Bisher stimmt der Einsatz. Niemand ist sich zu schade, für den anderen zu laufen.
Klingt nach gesundem Teamgeist.
Absolut. Der Zusammenhalt ist groß, gerade auch neben dem Platz. Und wenn’s neben dem Platz läuft, dann läuft’s bekanntlich auch auf’m Platz. Und wenn du dann noch gewinnst, steigt das Selbstvertrauen. Das hat sich beispielsweise in den Spielen gegen Dahl oder Heggen gezeigt, in denen wir unterlegen waren, aber trotzdem gepunktet haben – weil wir an uns geglaubt haben. Das ist auch der Unterschied zur vergangenen Saison, in der wir in solchen Spielen meist das Nachsehen hatten. So kann sich unsere Ausbeute bisher gut sehen lassen.
Eine Eintagsfliege oder glaubst Du, dass unsere Zweite bis Ende der Saison oben mitmischen wird – sofern die Spielzeit zu Ende gespielt wird?
Das Ziel, das wir uns vor der Saison gesteckt haben, lautet: gesichertes Mittelfeld. Allerdings ist die Luft da, wo wir momentan stehen, ziemlich gut. Diesen Platz jetzt einfach so herzugeben, ist natürlich nicht unser Anspruch. Allerdings ist mir auch klar, dass das nicht ganz einfach wird. Wir brauchen Konstanz. Unterirdische Leistungen wie in Elben (0:6‑Niederlade / Anm. d. Redaktion) sollten die Ausnahme bleiben.
Hast Du eine Erklärung für einen solchen Leistungsabfall?
Wir waren zu sehr mit uns selbst beschäftigt und überhaupt nicht bei der Sache. Das fing schon beim Warmmachen an. Daher waren wir zu keiner Zeit im Spiel – und mit dem 0:5 am Ende noch gut bedient.
Nun zu Dir: Du gehörst mit deinen 34 Jahren zu den Greisen im Team. Dennoch bist Du alle Jahre wieder Stammspieler. Wie schaffst Du es immer wieder, Dich zu motivieren?
Ganz einfach: Ich hab‘ nach wie vor unfassbar Bock auf Fußball. Das hat sich nie geändert.
Das klingt doch gut und hört sich nach vielen weiteren aktiven Jahren in der Zweiten an.
Das hab‘ ich damit nicht gemeint (lacht). Im Ernst: Es werden nicht mehr viele sein – zumindest nicht auf’m Fußballplatz.
Ganz zur Freude Deiner Frau Jessy?
Auf jeden Fall! Jessy macht sicherlich keine Luftsprünge vor Freude, wenn ich jeden Sonntag auf diversen Sportplätzen unterwegs bin. Daher ist es nicht selbstverständlich, dass sie voll hinter mir steht und mich unterstützt. Das macht es für mich sehr einfach. Und das rechne ich ihr hoch an.
Und was sagt Dein Körper zur Belastung?
Dem geht es noch ziemlich gut. Bisher hatte ich das Glück, dass ich größtenteils verletzungsfrei geblieben bin – wenn man mal von drei Mittelfußbrüchen und diversen Kapselverletzungen absieht. Zumindest aber waren keine langwierigen Verletzungen dabei wie Kreuzbandrisse. Einzig der Muskelkater macht sich montags bemerkbar – heute vielleicht etwas stärker als früher.
Was unternimmst Du dagegen?
Ich regeneriere direkt nach dem Spiel mit viel Flüssigkeit: heiß duschen und ein bis zwei Fläschchen kühles Pils. Zudem halte ich mich und meinen Körper auch neben dem Fußball fit – mit Laufen, Krafttraining oder Rückenübungen zum Beispiel.
Respekt! Und dabei geht das Alter doch eigentlich an niemandem spurlos vorbei.
…natürlich auch nicht an mir. Ich habe zwar noch volles Haar, anders als viele meiner Freunde. Aber hier und da kommt leichter Grau-Schimmer durch. Außerdem bin ich langsamer geworden – zumindest auf der kurzen Distanz. Das merke ich immer dann, wenn die Jungs, die gerade aus der A‑Jugend hochgekommen sind, zum Sprint ansetzen.
Aber Du machst das fehlende Tempo bestimmt mit deiner Erfahrung wett?
Das steht außer Frage (lacht). Ich hab‘ solche Aussagen früher immer belächelt. Aber jetzt weiß ich, was damit gemeint ist. Ich bin deutlich gelassener am Ball, gehe nicht mehr jeden Weg, weil ich Situationen besser einschätzen kann. Und auch Schiedsrichterentscheidungen gegen uns bringen mich nicht mehr aus der Ruhe. Das war früher nicht immer der Fall.
Wenn Du die Chance hättest, in der Zeit zurückzureisen, um mit dem 18-jährigen Tobi zu sprechen. Was würdest Du ihm sagen? Welchen Tipp hättest Du für ihn?
„Tu Dir de Ruhe an und sei verdammt noch mal nicht so hitzköpfig!“
Und welchen weisen Rat gibst Du den jüngsten Spielern im Team mit, die gerade aus der Jugend hochgekommen sind und erstmals Senioren-Luft schnuppern? Schließlich hast Du ja auch eine gewisse Vorbildfunktion.
Ich find’s extrem wichtig, lernwillig zu sein – also Kritik anzunehmen und die Bereitschaft zu zeigen, aus seinen Fehlern zu lernen. Viele junge Spieler, die aus der Jugend hochkommen, wollen sich beweisen und alles richtigmachen, was an sich ja gut ist. Allerdings verkrampfen sie dadurch auch schnell, wenn mal was nicht klappt, und lassen den Kopf hängen. Dazu gibt‘s keinen Grund. Über allem aber steht für mich der Einsatz. Wenn Du Dich reinhängst, alles gibst, dann wissen das auch Deine Mitspieler zu schätzen.
Einsatz und Loyalität kann man Dir nicht abstreiten, wenn man bedenkt, dass Du seit der F‑Jugend nun schon für den Verein spielst – damals noch für den SC Windhausen-Lichtringhausen, seit der Fusion 2005 für den SC LWL. Was macht den Verein für Dich so besonders?
Es gab und gibt für mich keine Alternative. Ich bin in Windhausen geboren und lebe hier mit meiner Familie. Daher kam für mich immer nur der Verein in Frage. Hinzu kommt, dass auch meine Freunde dort gespielt haben bzw. immer noch spielen. Klar, Erfolge mit der Mannschaft sind wichtig. Aber richtig gut fühlen sie sich erst dann an, wenn man sie zusammen mit dem Team und seinen Freunden feiern kann. Daher kam es für mich nie in Frage, für einen anderen Verein zu spielen.
Weniger harmonisch als in der Mannschaft dürfte es bei Euch zu Hause zugehen, wenn Bundesliga-Spieltag ist. Deine Frau ist – bedauernswerte – Schalkerin, Du Erfolgsfan des FC Bayern. Das riecht nach regelmäßigen Konflikten.
Ich trete nicht auf Fans ein, die am Boden liegen. Schalke ist schon gestraft genug.
Welche Vereinsfarbe hat sich denn bisher bei Euren Kindern durchgesetzt: blau-weiß, rot-blau oder doch eine ganz andere Kombi?
Neben Bayern und Schalke kann ich den Rest ausschließen. Die Tendenz geht momentan leider Richtung Schalke – dank Opa. Aber da geht noch was.
Danke fürs Gespräch, Tobi!
“Erfolge fühlen sich erst dann richtig gut an, wenn man sie zusammen mit seinen Freunden feiern kann.”
Mit Tobias Rauterkus sprach Thiemo Damm.
Die Grafik erstellte Kristin Rauterkus.